Das folgende Grußwort erschien im Herbst-Gemeindebrief der Evangelischen Dreifaltigkeitsgemeinde, anläßlich des Luther-Jubiläums 2017.
Liebe evangelische Mitchristen der Dreifaltigkeitskirche,
unsere beiden Kirchen stehen in guter Nachbarschaft beieinander. Viele Jahrzehnte in den vergangenen 500 Jahren war dies nicht möglich. Meine ersten Berührungen mit der evangelischen Kirche waren allerdings noch näher. In meinem Heimatort feierten die evangelischen Christen in unserer Pfarrkirche sonntags ihre Gottesdienste und die feierte ich immer wieder auch als Mesner mit. Und darüber hinaus habe ich es genossen, die evangelische Christvesper mitzufeiern, mit der für mich über lange Jahre hindurch der Hl. Abend begann – die schöne Musik und die ansprechende Predigt habe ich sehr gern gehört. Vielleicht liegt darin auch der Grund, dass ich dankbar bin für alle gemeinsamen Gottesdienste, die wir hier feiern können. Der ökumenische Gottesdienst am Pfingstmontag hat sich zu einer guten Tradition entwickelt. Schulgottesdienste und Weltgebetstag werden gemeinsam gefeiert und Gebete und Andachten in unterschiedlichen Formen können wir gestalten. Auf dem Grund unseres gemeinsamen Glaubens miteinander beten, den Glauben verkünden und feiern, dass wünsche ich mir weiterhin für uns. Die ökumenischen Kinderbibeltage und das Gögginger Kinderfest sind gute Orte, um auch Kinder und Jugendlichen den ökumenischen Gedanken nahe zu bringen.
Die ökumenische Fastenveranstaltung hat eine lange Tradition und verbindet uns im gemeinsamen Auftreten für die Werte und Vorstellungen, die wir als Christen in die Stadt und den Stadtteil hineintragen wollen. Wenn das neue Roncallihaus steht, wäre es schön, wenn diese Veranstaltung am altbewährten Ort wieder einen Platz hätte. Und vielleicht können wir ja auch einmal das Thema der “Woche für das Leben”, das unsere Kirchen jedes Jahr vorbereiten aufgreifen. Wir sind in den Veranstaltungen zur Bibel gut aufgestellt. Es gibt einen ökumenischen Bibelkreis und die Reihe “Arbeitsplatz trifft Bibelstelle”. Wer diese Veranstaltungen besucht, gibt der Ökumene ein Gesicht und geht hoffentlich immer auch mit einem anregenden Gedanken nach Hause.
Für gemeinsame Besprechungen treffen sich die evangelischen und katholischen hauptamtlichen pastoralen Mitarbeiter zweimal im Jahr – für mich immer ein sehr fruchtbarer Dialog, bei dem die Zeit nach meinem Empfinden viel zu schnell vergeht. Denn neben dem inhaltlichen Arbeiten finden wir Zeit, um uns auch persönlich kennenzulernen. Der ökumenische Arbeitskreis hat eine lange Tradition in der Besprechung ökumenischer Belange und Themen. An Möglichkeiten ökumenisch zu planen mangelt es nicht. Bei allen ökumenischen Planungen sollte nach meiner Meinung die katholische Herausforderung nicht übersehen werden, die eigenständigen Pfarreien in der Pfarreiengemeinschaft zu koordinieren. Aber vermutlich trifft dies auch auf die Dreifaltigkeitskirche zu, die ja auch über verschiedene Stadtteile und Außenstellen erstreckt.
Eine weitere ökumenische Einrichtung ist für mich von großer Bedeutung: die ökumenische Sozialstation. Kirche ist nicht zu ihrem Selbstzweck in der Welt, sondern immer und zuerst im Dienst an den Menschen. Die ökumenische Sozialstation stellt sich den Herausforderungen der Menschen und wird von den Mitgliedsvereinen bzw. Pfarreien sehr gut getragen und auch in den finanziellen Herausforderungen nicht allein gelassen. Was könnte – daran anknüpfend – noch in der ökumenischen Arbeit in den Gemeinden geleistet werden? Ich habe darauf momentan keine Antwort und finde die Frage gerade deswegen spannend.
Für dieses vielfältige gemeinsame Tun als evangelische und katholische Christen dürfen wir dankbar sein. Es war nicht immer selbstverständlich und ist auch keine Selbstverständlichkeit. Und es bedarf immer wieder neu der Vergewisserung, wo wir unser gemeinsames Glaubenszeugnis geben können bzw. müssen. Und dazu kommt die – für viele vielleicht schmerzliche – Akzeptanz dessen, worin wir uns unterscheiden und was noch nicht gemeinsam möglich ist. Ich wünsche mir einen weiterhin respektvollen Umgang miteinander und die Fähigkeit das Erhaltenswerte weiterzuführen und zugleich auf die neuen Herausforderungen der Zeit miteinander zu schauen und unsere Antwort zu geben.
Ich war sehr erfreut, als ich in der Karwoche die Anfrage der evangelischen Gemeinde nach dem Termin unserer Osternacht erhielt. Da war der Gedanke, dass es doch schön wäre, von unserem Osterfeuer die Osterkerze zu entzünden. Seit ich hier bin, kam diese Frage zum ersten Mal an mich. Und ich habe es dann bedauert, dass wir hier in St. Georg und Michael die Osternacht am Abend feiern und dieses ökumenische Zusammentreffen nicht möglich war.
Das Reformationsgedenken in diesem Jahr beschert uns auch etwas Neues: einen staatlichen Feiertag. An dem werden wir uns als Schwestern und Brüder in Christus versammeln – in Gebet und Begegnung. Darauf und auf die weitere gemeinsame ökumenische Wegstrecke freue ich mich.
Nikolaus Wurzer M.A.
Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Göggingen-Inningen