Vielleicht kennen Sie die Situation, dass Sie beim leicht geöffneten Fenster oder irgendwo im Freien die Ruhe genießen oder mit einem anderen Menschen ein Gespräch führen. Auf einmal bahnt sich zunächst in der Ferne und dann immer näher ein für unser Ohr sehr liebreizendes Geräusch an, das immer eindringlicher wird. Zunächst hoffen wir noch, dass es bald aufhört oder wieder in der Ferne verschwindet. Aber es bleibt! Gemeint ist der eher helle Ton einer der, man könnte sagen, fast großartigsten Erfindungen der Menschheit: Es geht um den benzinbetriebenen Laubbläser. Er hilft den leidgeplagten Menschen, die nicht nur vom Aufräumen reden – kein seltenes Familienthema, sondern es tatsächlich tun, beim Beseitigen der vergangenen Laubpracht der Bäume.
Nebenbei: Wenn dann das ganze Laub der nördlichen Halbkugel zu Boden fällt und aufgeräumt wird, ist übrigens mehr Masse näher an der Erdachse, was zu einer gewissen Beschleunigung der Erdrotation führt. Im Winter drehen wir uns also etwas schneller – im Gegensatz zu unserem Biorhythmus, der verlangsamt. Das passt nicht zusammen – wie derzeit sehr vieles auf unserer Welt.
So leicht und scheinbar schwerelos die Blätter in der Luft spielerisch umhergetanzt sind – am Boden angelangt sind sie doch eine beachtliche Last. So kann es gehen im Leben: Was heute noch leicht daherkommt und gelingt, wird auf einmal zu einer Beschwernis. Und dann heißt es: Überlegen, was noch möglich ist. Mein hochbetagter Vater denkt derzeit darüber nach, wie es mit ihm weitergehen soll. Und für unseren lieben Sohn Daniel stellt sich im kommenden Jahr die Frage, ob er einen Wohnheimplatz in Ursberg bekommt. Alles wird knapp! Die Sorgen nicht.
Raum für Neues! Das Jahr neigt sich dem Ende. Es macht Sinn, aufzuräumen. Nicht nur das Laub und die eine oder andere Sache, sondern auch das Haus unserer Seele. Dieses besondere Haus benötigt Aufmerksamkeit – gerade in trüben Zeiten. Es will gepflegt werden.
Alte Verletzungen, schwere Gefühle aus vergangenen Zeiten, alte Lasten, die immer noch mitgeschleppt werden. Oder alte Sehnsüchte, die sich ehrlich betrachtet, niemals erfüllen lassen. Träume oder bestimmte Ideen, Meinungen und Anschauungen.
Es ist gut, Bilanz zu ziehen, manchmal einen klaren Strich, und sich ohne Wehmut von diesem oder jenem zu verabschieden. Im Anglikanischen heißt es sehr drastisch: „Kill your darlings!“ Denn nicht alles, an das wir uns lieb gewöhnt haben, tut uns gut.
Also: Was kann weg? Nur so entsteht Raum für neue Erfahrungen und die seelische Offenheit für anderes. Vielleicht ein wenig mehr Platz für Göttliches – wo immer es aufscheinen mag.
Und wenn wieder das liebreizende Geräusch ertönt: Bleiben Sie entspannt und nehmen es als Erinnerung daran, Altes wegzuräumen.
Thomas Seibert
Bild: pioabay


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