Liebe Leserin, lieber Leser,
im berühmten Klosterkrimi „Der Name der Rose“ wird heftig darüber gestritten, ob Jesus gelacht habe. Und in der Tat: Die Evangelien berichten an keiner Stelle davon, dass Jesus gelacht hat (davon, dass er geweint hat, dagegen schon). Vielleicht ist dies mit ein Grund, dass
viele Menschen bis heute der Meinung sind, der Glaube sei eine ziemlich humorlose Angelegenheit, da es ja dort um ernste Dinge ginge und die Kirche sowieso keinen Spaß verstünde. Natürlich geht es im Glauben um ernste Dinge und das Evangelium versteht wirklich keinen Spaß, wenn er auf Kosten anderer, vor allem der Schwächeren geht.
Ich für meinen Teil kann mir weder vorstellen, dass Gott humorlos ist, noch dass Jesus nie gelacht hat. Denn Gott möchte, dass wir das Leben in Fülle haben und zu dieser Fülle gehört auch die Freude, der Humor. Oder wie es die heilige Teresa von Avila sagte: „Gott will, dass der Mensch seinen Spaß hat“, und Martin Luther spitzte es noch zu: „Wenn Gott keinen Spaß verstünde, so möchte ich nicht im Himmel sein.“
Der letzte und eigentliche Grund, warum Christen immer etwas zu lachen haben, ist das Osterfest. Jesus Christus hat den Tod besiegt; Gott hat das letzte Wort in meinem Leben und nicht der Tod. Die von Gott geschenkte Erlösung ist der Grund für allen christlichen Humor. Ich bin als Christ erlöst, warum sollte ich nicht lachen und Freude am Leben haben – auch in den Sorgen und Nöten des Alltags? Der evangelische Theologe Karl Barth bringt es auf den Punkt: „Wer die Osterbotschaft gehört hat, der kann nicht mehr mit tragischem Gesicht umherlaufen und die humorlose Existenz eines Menschen führen, der keine Hoffnung hat.“
Im Mittelalter gab es den Brauch des Osterlachens. Der Pfarrer musste in der Predigt an Ostern die Gottesdienstgemeinde zum Lachen bringen. Das Osterlachen wollte die Osterfreude zum Ausdruck bringen und gleichzeitig den besiegten Tod der Lächerlichkeit preisgeben.
Deshalb möchte ich Sie ermutigen: Suchen Sie in den kommenden Tagen die Freude, verstecken Sie Ihren Humor nicht und wagen Sie ein herzhaftes Lachen egal ob Sie ein Faschingsmuffel sind oder nicht, meint
Ihr Pfarrer Ulrich Müller