ist nicht so einfach. „Ich bekomme jeden Morgen Wut, wenn ich nach meiner Frau ins Badezimmer gehe und die zerdrückte und offene Zahnpasta-Tube sehe. Das muss doch wirklich nicht sein. Ich habe es ihr schon zigmal erklärt. Aber sie macht es einfach nicht. Es sind diese kleinen Dinge im Alltag, die unsere Ehe zermürben…“ So erzählte es mir ein genervter Ehemann. Seine Frau kannte ich auch. Ihre Version war eine andere und die Liste mit Ärgerlichkeiten über ihren lieben Gatten war nicht unerheblich. In ständiger Gemeinschaft zu leben, hat Vor- und Nachteile.
Wo Menschen zusammen sind, entfalten sich Kräfte – gewünschte und unerwünschte. Wenn eine Beziehung mehr Kraft kostet, als sie gibt, wird es kritisch.
Der Apostel Paulus kannte seine Gemeinde in Ephesus. Er gab den Leuten dort einen wichtigen Hinweis:
„Schwestern und Brüder!
Ich, der Gefangene im Herrn, ermahne euch, ein Leben zu führen, das des Rufes würdig ist, der an euch erging. Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch das Band des Friedens! Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung in eurer Berufung: ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist“ (Kap 4, 1–6).
Über die Liebe sagte der heilige Thomas von Aquin (1225-1274): „Sie ist eine Bewegung der Aufmerksamkeit für den anderen, insofern der Liebende das Geliebte in etwa als ein Wesen mit sich selbst betrachtet” (vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae II-II, q. 27, art. 2, resp).
Die mittelalterliche Gelehrtensprache der Scholastik klingt etwas spröde, enthält aber einen sehr kostbaren Gedanken: Der Mitmensch ist ein „Wesen mit sich selbst“. Er ist so, wie er ist. Es gibt zwar eine gewisse geschwisterliche Zurechtweisung. In Kirchenkreisen spricht man lateinisch von correctio fraterna. Das meint aber nicht, an den Besonderheiten des geliebten Menschen „herumzuschrauben“, um ihn irgendwie zu verändern oder gar zu optimieren. Der Volksmund nennt das spöttisch: „Sich jemanden zurecht schnitzen.“
Wenn Sie sich beim nächsten Mal über Zahnpasta, schmutziges Geschirr, verlorene Schlüssel, trockene Blumen, herumstehende Gläser und herumliegende Socken ärgern, denken Sie an unsere beiden Heiligen. Ich liebe einen Menschen so, wie er ist, oder nicht!
Thomas Seibert
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