durften die rund 30 Teilnehmenden am Sehbehindertensonntag in St. Georg und Michael erleben. Der Initiator, Pfarrer Nikolaus Wurzer M.A., begrüßte den interessierten Kreis mit einem kurzen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte dieser Veranstaltung. Vor 24 Jahren hatten sich verschiedene Selbsthilfegruppen, unterschiedliche Partner und die Kirchen ökumenisch zusammengeschlossen und diese bundesweite Aktion ins Leben gerufen, um auf die Situation von sehbehinderten und blinden Menschen aufmerksam zu machen. So entstand in unserer Pfarreiengemeinschaft ein kleines Projekt-Team, zu dem Christa Meitinger, Anton Freihalter und der Organist Stefan Albertshauser gehören.
Die Gestaltung des Abends lag in den Händen von Carolin Aumann, die seit 2015 als Referentin bei der Blinden- und Sehbehindertenseelsorge im Bistum Augsburg tätig ist. Das Besondere der von ihr gestalteten Kirchenführung war, alle unsere Sinne anzusprechen. Die Gruppe begann die Führung im hinteren Bereich der Kirche. Eine Kostprobe verschiedener Glockengeläute bildete den Auftakt. Beachtenswert ist, dass es rund 2.000 Varianten von Geläuttönen gibt. Danach präsentierte Stefan Albertshauser einen virtuos dargebotenen Choral von Felix Mendelssohn Bartholdy. Mit dem so sensibilisierten Hörsinn durfte man mit geschlossenen Augen und einer Begleitperson die Figur des gegeißelten Christus ertasten. Die Erprobung des Tastsinns wurde an den äußeren und filigran gestalteten Original-Wangen des Holzgestühls aus dem 18. Jahrhundert fortgesetzt. Beim Voranschreiten zur Mitte der Kirche war wieder die Rolle der Assistenz gefordert. Das Augenmerk lag dabei darauf, die Selbständigkeit der behinderten Person zu achten. Der Hörsinn konnte sich erneut erfreuen – diesmal an einem Stück des Salzburger Komponisten Johann Ernst Eberlin. Nachdem alle einen neuen Platz gefunden hatten, gestaltete Aumann für den Sehsinn anregende Betrachtungen der Kreuzigungsgruppe, des farbenfrohen Stuckdeckengewölbes, der Kanzel und des Taufbeckens, das ebenfalls ertastet werden konnte.
Am Schluss befand sich die Gruppe im vorderen Bereich der Kirche um den Altar versammelt. Es war zugleich ein geistlicher Weg vom Außen der Alltagswelt in das Innere der Kirche, und dort mit Bedacht und Begleitung den eigenen Sinnen vertrauensvoll folgend dem Göttlichen entgegen. Ein gemeinsam entfachter Weihrauchduft symbolisierte die zu Gott aufsteigenden Gebete. Pfarrer Wurzer würdigte die Bedeutung des Sehbehindertensonntags für die Kirche als Glaubensgemeinschaft und betonte den hohen Wert, sich in andere behutsam einzufühlen und füreinander zu sorgen.
Zum Abschied gab es noch selbst gebackene Kekse – eine Freude für den Geschmackssinn.
Thomas Seibert
Bild: Barbara Raum