Missmutig blättert meine Frau in einer Modezeitschrift und stellt fest, dass die Lust auf bunte Farben und schöne Formen früher größer gewesen sei. „Triste Töne,“ sagt sie, „ohne Form“ und „Schuhe mit Sohlen wie das Profil eines LKW-Reifens.“ Ich füge an, dass diese Mode vermutlich dem derzeitigen Lebensgefühl vieler entspricht. – „Ja, mag sein,“ sagt sie, „aber dann wundert es mich nicht, wenn sich das kaum noch verkaufen lässt.“ Womöglich haben die Modeschöpfer auch keine Lust mehr. Vielleicht liegt es am Zwang zum Sparen, es fehlt das Geld.
In der Schule malen Kinder im Gegensatz zu früher eher schlichte Bilder, oft nur mit Bleistift und dürren Strichen. „Das ist ein sehr sparsames Bild“, sage ich dann und ermuntere, mehr Farbe einzusetzen. „Keine Lust“, lautet die Antwort. Das Bild eines Kindes kann der Spiegel seiner Seele sein. Es macht mich traurig, wenn Glück und Lebensfreude manchen Kindern nur sparsam zugeteilt sind. Lieblose Tristesse.
Sparsamkeit ist eine vielschichtige Angelegenheit. Auf der einen Seite positiv: Ein teures Ziel vor Augen kann nur verwirklichen, wer daraufhin spart. Sinn macht es auch, für das Klima sparsam zu sein. Und: Klug ist, in Zeiten der Fülle etwas zurückzulegen, um in der Zeiten der Not davon zehren zu können. Das Alte Testament berichtet vom jüdischen Josef, dem klugen Verwalter des Pharaos, der unter göttlicher Traum-Inspiration in sieben fetten Jahren Kornspeicher anlegen lässt, um in den nachfolgenden sieben mageren Jahren das Volk davon ernähren zu können (Genesis 41).
Negativ kann die Sache werden, wenn das Sparen nicht freiwillig, sondern unter Zwang geschieht. Wenn sich alles verteuert, bleibt weniger übrig für Dinge, die nicht sein müssen. Das spüren auch die Kinder.
Wir Christen bekennen einen Gott, der Freude an der Fülle des Lebens hat. Jesus hatte keinen festen Ort zum Schlafen, den sogar die Füchse haben (Lukas 9,58). Zugleich konnte er ausgelassen feiern, man denke nur an die Hochzeit zu Kana (Johannes 2,1-12). Lebensfreude, die an bezahlbaren Dingen hängt, ist wie ein Haus auf Sand. Und: Schöne Mode muss nicht teuer sein.
Thomas Seibert, Diplomtheologe
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