Lange Gespräche bis tief in die Nacht – sie haben eine eigene Stimmung. Die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) widmete diese Verse an Philippa, die am nächsten Morgen mit dem Segelboot die Heimreise zum anderen Ufer des Bodensees angetreten hat.
An Philippa
Im Osten quillt das junge Licht,
Sein goldner Duft spielt auf den Wellen,
Und wie ein zartes Traumgesicht
Seh’ ich ein fernes Segel schwellen;
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O, könnte ich der Möwe gleich
Umkreisen es im lust’gen Ringen,
O, wäre mein der Lüfte Reich,
Mein junge, lebensfrische Schwingen!
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Um dich, Philippa, spielt das Licht,
Dich hat der Morgenhauch umgeben,
Du bist ein liebes Traumgesicht
Am Horizont von meinem Leben;
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Seh’ deine Flagge ich so fern
Und träumerisch von Duft umflossen,
Vergessen möcht’ ich dann so gern,
Dass sich mein Horizont geschlossen;
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Vergessen, dass mein Abend kam,
Mein Licht verzittert Funk’ an Funken,
Dass Zeit mir längst die Flagge nahm
Und meine Segel längst gesunken;
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Doch können sie nicht jugendlich
Und frisch sich neben deinen breiten,
Philippa, lieben kann ich dich
Und segnend deine Fahrt geleiten.
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Thomas Seibert, Diplomtheologe
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