
In einer Stellenanzeige eine Zeitung war zu lesen: „Schäfer ohne Herde sucht Arbeit”
Das Evangelium lesend, denke ich: „Schäfer ohne Herde sucht Arbeit”? Was nützt der beste Hirte, wenn da keine Herde ist, die auf seine Stimme hört, ihn erkennt und ihm folgt?
Doch wer will heute noch mit einem Schaf verglichen werden? Das Bild vom Schafe hütenden Hirten wird heute misstrauisch beäugt. Längst gehen die Schafe eigene Wege, haben gelernt, auch anderen Stimmen zu gehorchen und folgen nicht mehr blind. Albert Einstein schreibt einmal: „Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein” – das Wort steckt viele an, die sanfte Macht der Hirten argwöhnisch zu betrachten.
Das Evangelium des vierten Ostersonntags will die Menschen des Reiches Gottes niemals mit einer willenlosen und einstimmig zutraulich blökenden Schafherde vergleichen. Aber es spricht von einer intensiven Beziehung zwischen Jesus Christus und den Menschen, die der zwischen Hirt und Herde gleicht. Ein Bild, das zum Vertrauen einlädt und keine Bevormundung sein will. „Ich lasse die Herde niemals zugrunde gehen, niemand kann sie meiner Hand entreißen“ – das ist das Versprechen, das Jesus seiner Herde gibt. Es ist schwer, sich darauf einzulassen. Der Hirte wartet.
Pfr. Ulrich Müller