Liebe Leserinnen und Leser,
Mögen Sie Weinbergschnecken? Ich schon. Und zwar am liebsten in einer leckeren Kräuterbutter.
Von einem württembergischen Pfarrer wird erzählt, dass er, als er in seiner neuen Pfarrstelle spazieren ging, an einem Weinberg vorbeikam, in dem gerade Vater und Sohn in der Ernte arbeiteten. Und ganz unten in diesem Weinberg, genau am Wegrand, krochen ein paar solcher Prachtexemplare!
Während er sie aufsammelte, wurde aber der Wengerter misstrauisch und rief seinem Sohn, der einige Reihen weiter unten pflückte, zu, er solle sich diesen mysteriösen Fall näher ansehen.
Der Sohn rief also dem Pfarrer zu: „Heee, Sie!!! Was machet se dô?“ Vom Weg herauf schallte die Antwort: „Ich bin euer neuer Pfarrer und würde gerne ein paar von euren wunderschönen Weinbergschnecken mitnehmen!“ „Un was wellet se mit deane?“, fragte der Sohn ziemlich perplex zurück.
„In Kräuterbutter backen und essen!“
Der Vater wurde immer misstrauischer, konnte aber das Gespräch nicht verstehen. So rief er zu seinem Sohn hinunter: „Wer isch des ond was will der?“ Darauf der Sohn hinauf: „Des isch eiser neier Pfarr‘! Und des isch a ganz gschickter. Der frisst ons sogar s’Oziefer weg!“
Jaja, sie lachen vielleicht. Aber es ist doch immer wieder eine ernste Angelegenheit mit dem Ungeziefer – nicht nur in Feld und Garten. In wirkliche Nöte bringt es uns da doch eher nicht mehr, auch wenn wir uns natürlich tapfer bemühen, unsere Salate gegen die Schnecken zu verteidigen, die ihnen die Blätter zerfressen. Und wenn ich mir klarmache, dass es in mir drin auch so Schädlinge gibt, die an den Früchten des Geistes (Galater 5) herumnagen und sie verkümmern lassen, dann scheint mir, dass diese Art Ungeziefer doch noch wesentlich gefährlicher ist. Aber was kann man dagegen machen? Gift streuen, in Alkohol ersäufen, oder einzeln abstechen? Vielleicht wäre es auch da das Beste, wenn jemand diese Plagegeister einfach aufsammeln und mitnehmen würde. Am besten Gott selbst, wie ihn der Prophet Micha beschreibt: „Ja, du wirfst all unsere Sünden in die Tiefe des Meeres hinab“ (Micha 7,19)!
Deshalb bin ich richtig froh, dass ich jederzeit zu meinem Beichtvater gehen kann, damit er mir dieses Ungeziefer „wegfrisst“. Auch wenn es wahrlich keine Delikatessen sind. Und die vorösterliche Fastenzeit ist dafür sogar die ideale „Erntezeit“!
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Kaplan Andreas Theurer