„Wie läuft es bei Dir?“ Die Frage setzt bereits die Erwartung voraus, dass es etwas laufen soll. Und zwar gut. Dinge müssen funktionieren, gut laufen. Menschen auch. So geht Erfolg. Wenn ein Motor Probleme macht, muss er zum Mechaniker. Menschen mit Schwierigkeiten zum Arzt oder Therapeuten oder zur Reha. Auf dem Markt gibt es zahlreiche schöne Angebote, um das Befinden der eigenen Person zu verbessern. Wellness für Körper und Seele, Neuorientierung und Selbstoptimierung. Das ist nicht schlecht. Die Ärzte sagen: „Wer heilt, hat Recht.“ Es ist völlig in Ordnung, sich um das eigene Wohlergehen zu kümmern. Denn wir sind auch auf dieser Welt, um uns am Leben zu erfreuen.
In diesen Tagen erreichte mich die Nachricht vom völlig überraschenden Tod eines guten Freundes. Er war Pfarrer im Norden der Republik und im gleichen Alter wie ich. Ein anderer guter Freund, ebenfalls Pfarrer, ist schon mit 52 Jahren gestorben. Ich bin jetzt 57 und werde nachdenklich. Die durchschnittliche Lebenserwartung für Männer (aktuell Neugeborene bis 100-Jährige) liegt derzeit bei rund 79 Jahren, für Frauen bei 84. Etwas anders sieht es aus, wenn man die Kohorten-Sterbetafel betrachtet, die genau nach Jahrgang die Lebenserwartung berechnet. So würde ich, geboren 1963, nur 67 Jahre, meine Frau, geboren 1975, käme auf 75 Jahre. Statistisch gesehen wäre ich zum Beginn meiner Rente tot, also schon 2030. Meine Frau hätte noch Zeit bis 2050. Sie müsste sich 20 Jahre um mein Grab kümmern. Das Testament haben wir schon im letzten Jahr mit Anwalt und Notar gemacht, damit die Kinder nicht wegen Unklarheiten vor Gericht ums Erbe streiten müssen.
„So darfst du nicht denken Thomas, ruft da jemand.“ Stimmt. Es kann ja ganz anders kommen. Oder auch nicht. Zuversicht ist gut und notwendig, um glücklich leben zu können. Aber der Tod gehört zum Leben.
Jesus sieht dem Tod ins Auge und vergleicht sein Leben mit dem eines Weizenkornes:
„In jener Zeit gab es auch einige Griechen unter den Pilgern, die beim Paschafest in Jerusalem Gott anbeten wollten. Diese traten an Philíppus heran, der aus Betsáida in Galiläa stammte, und baten ihn: Herr, wir möchten Jesus sehen. Philíppus ging und sagte es Andreas; Andreas und Philíppus gingen und sagten es Jesus. Jesus aber antwortete ihnen: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht wird. Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. Wer sein Leben liebt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben. Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren. Jetzt ist meine Seele erschüttert. Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen. Vater, verherrliche deinen Namen! Da kam eine Stimme vom Himmel: Ich habe ihn schon verherrlicht und werde ihn wieder verherrlichen. Die Menge, die dabeistand und das hörte, sagte: Es hat gedonnert. Andere sagten: Ein Engel hat zu ihm geredet. Jesus antwortete und sagte: Nicht mir galt diese Stimme, sondern euch. Jetzt wird Gericht gehalten über diese Welt; jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden. Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen. Das sagte er, um anzudeuten, auf welche Weise er sterben werde.“ (Joh 12, 20–33)
Es ist sinnvoll, sich auf ein gelingendes Leben zu konzentrieren. Mein Freund Johannes hat sich verausgabt. So war er. So kannten wir ihn alle. Das war sein Leben, das ihn erfüllt hat. Erfüllt! Ich werde nachdenklich. „Thomas, wie willst du die dir verbleibende Zeit gestalten? Und: Was will Gott von dir?“
Thomas Seibert
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