„Corona-bedingt“ ist in diesen Tagen zu einem vertrauten Begriff geworden. Damit soll zum Ausdruck kommen, dass die gewohnten Abläufe wegen der Pandemie unterbrochen werden. Lieferketten sind unterbrochen, deswegen kommt es dann zu Engpässen. Das kaputte Badfenster hängt bei uns seit Monaten im Rahmen. „Vielleicht haben wir im Frühjahr wieder Material“, sagte der Schreiner. Mir ist es inzwischen egal.
Schmunzeln musste ich, als eine Mutter im Krankenhaus mit trockenen Worten von der Geburt ihres Kindes erzählte. „Wir waren beide im Home-Office. Uns so geschah es, dass wir Corona-bedingt ein Kind bekommen haben.“
Manchmal gibt es Dinge, die das Gewohnte unterbrechen. Die Umstände sind oft nüchtern. Der Evangelist Lukas stellt die Geburt Jesu in einen großen weltpolitischen Kontext und nimmt Bezug auf den Kaiser Augustus, der es in seiner Zeit geschafft hatte, einen einigermaßen friedlichen Zustand herzustellen: Pax Romana. Doch zunächst berichtet Lukas mit trockenen Worten von der Geburt Jesu.
„Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen. Diese Aufzeichnung war die erste; damals war Quirínius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Es geschah, als sie dort waren, da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.“
Jetzt unterbricht Lukas den Text und lenkt den Blick zuerst auf die Umgebung der Krippe und dann in die Höhe – gleichsam zu Gott.
„In dieser Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat ein Engel des Herrn zu ihnen und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie und sie fürchteten sich sehr. Der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens“ (Lukas 2, 1–14).
Lukas nimmt den Leser an die Hand und führt ihn aus den oft dunklen und schwierigen Umständen dieser Welt hinaus in eine andere Welt, die von Gott hell erleuchtet ist und frei von Furcht.
Ein kaputtes Badfenster ist nicht mehr so wichtig. Und ein vielleicht zufällig geborenes Kind wird das Leben einer Familie verändern und noch viel mehr.
„Unterbrechung“ ist nach Johann Baptist Metz die kürzeste Definition von Religion – und die Tür zu einer anderen Welt.
Ich wünsche Ihnen ein friedliches und Frohes Weihnachtsfest, einen gesunden inneren Abstand zu manchen Dingen, eine gute Erholung und ein glückliches Neues Jahr 2022 voller Zuversicht und Lebensglück und Gottes reichen Segen!
Thomas Seibert
Bild gemeinfrei: Giotto di Bondone, gestorben 1337, Florenz