Es hat mich schon geärgert: Vor einigen Jahren gab einer meiner Nachbarn, der bei einer großen Krankenkasse arbeitete, im Bierzelt der Runde zum Besten, dass ich aus der Solidargemeinschaft dieser Kasse ausgetreten sei und zu einer anderen gewechselt hätte – mein Verhalten wäre gemeinschaftsschädlich und unsolidarisch. Unter vier Augen konnten wir das etwas später klären. Mein Tipp an ihn war noch, Geschäftliches und Privates angemessen zu trennen und den eigenen Bierkonsum und die damit lockere Zunge besser zu kontrollieren.
Natürlich gibt es auch die andere Seite: Der Datenschutz kann im Alltag vieles blockieren und erschweren. Als in einer Arztpraxis die Sprechstundenhilfe eine Patientin mit Namen aufrief, empörte sich diese und verwies auf den geltenden Datenschutz. Man möge doch, so ihre Auffassung, gemäß Datenschutzverordnung Nummern verteilen.
Der Datenschutz ist auf europäischer Ebene zu einem der obersten Werte aufgestiegen. Ziel ist, die einzelne Person in ihrer Selbstbestimmung zu schützen. Am Ende ist vielleicht ein namenloses Grab mit einer Nummer. Übrigens hat der Begriff “Gott” in die Präambel des Vertrages von Lissabon 2009 aus Rücksicht auf andere Kulturen und Minderheiten keinen Einzug gefunden.
Der Evangelist Matthäus schrieb in dieser Hinsicht einen beachtenswerten Text:
„In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Aposteln: Fürchtet euch nicht vor den Menschen! Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird. Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet im Licht, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet auf den Dächern“ (Matthäus 10,26-33).
Im Hintergrund ist die Zeit der Christenverfolgung im Römischen Reich und die dadurch bedrängte und angsterfüllte Gemeinde. Vermutlich mussten sich die bekennenden Gläubigen genau überlegen, wo sie ihren missionarischen Auftrag erfüllen konnten, und wo nicht. Es war ein Dilemma: Der klare Missionsauftrag auf der einen Seite – die Furcht vor Denunziation und deren Folgen auf der anderen.
Die entscheidende Frage, damals wie heute, lautet: Wem kann ich vertrauen? Die Erfahrung des Missbrauchs von persönlichen Daten hat uns den notwendigen Datenschutz beschert, der leider oftmals ausufernde Dimensionen annimmt.
Die Entwicklung unserer Gesellschaft bringt es mit sich, dass Christen immer mehr angefeindet werden. In den nächsten Jahren wird es mehr Mut brauchen, den eigenen Glauben vor anderen zu bekennen.
Wem darf ich vertrauen?
Die Sache mit der Krankenkasse hat sich insofern erledigt, dass eingangs erwähnter Nachbar irgendwann seinen Arbeitgeber gewechselt hat – wie ich im Vertrauen von anderen Nachbarn erfahren habe.
Thomas Seibert
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