Am Schluss mussten wir beide lachen. Die freundliche arabische Ärztin mit einem charmanten französischen Akzent wollte mir eine Therapie zur Raucherentwöhnung vermitteln. „Ich bin hier zur Reha wegen meines Prostatakrebs, nicht, weil ich abends ein Zigarillo rauche.“ – „Rauchen Sie nicht jeden Tag eine Schachtel“, fragte sie ungläubig. – „Nein!“ – „Aber eine Zigarre ist doch ungesund“, beharrte sie fürsorglich. – „Eine Zigarre vielleicht, aber nicht ein kleines Zigarillo.“ – „Nur ein kleines Zigarillo – ist das also bei Ihnen eine Art Ritual?“ – „Genau! Seit 35 Jahren schaue ich am Ende des Tages dem blauen Dunst hinterher und vergesse ein wenig die Sorgen des Alltags.“ Sie lächelte und tippte das dann so in ihren Arztbericht.
Vielleicht war der biblische Schriftsteller Kohelet ebenfalls von Dunst umgeben, als er schrieb: „Windhauch, Windhauch, das alles ist Windhauch. Welchen Vorteil hat der Mensch von all seinem Besitz, für den er sich anstrengt unter der Sonne?“ (1,2f).
Nun bin ich wieder zuhause und genieße im Schein der Kerze mit meiner lieben Frau die langen sommerhellen Tage auf der Terrasse, pflege mein Ritual und freue mich.
„Auch das ist Kunst,
ist Gottes Gabe,
aus ein paar sommerhellen Tagen
sich so viel Licht ins Herz zu tragen,
dass, wenn der Sommer längst verweht,
das Leuchten immer noch besteht.“
(Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832)
Ich wünsche Ihnen, auch wenn es dunkelt, immer Licht im Herzen!
Thomas Seibert